Herausgegeben von der Ortsgruppe Bad Münder des Heimatbundes Niedersachsen e.V.
Der 87jährige Friedrich Siegmann schrieb diese Chronik im Jahre 1992 aus dem Gedächtnis nieder. In zahlreichen Gesprächen mit dem Redakteur erhielten die Aufzeichnungen 1994 ihre endgültige Form...
Teil 2: Vereine
Bis 1920 gab es in Nettelrede einen Kriegerverein, dem alle ehemaligen Soldaten angehörten. Der Vorsitzende war der Vollmeier Friedrich Siegmann. Die Männer verfügten auch über Gewehre und einen Schießstand, den später der Schützenverein übernahm. Starb ein Veteran des deutsch-französischen Krieges (1870/71), schössen die Kameraden am Grab einen Ehrensalut. 1911 feierte der Verein ein großes Kriegerfest, bei dem es die ersten heißen Würstchen gab. Pro Stück kosteten die noch recht kleinen Würste einen Groschen. 1924* entstand der Schützenverein. Ihm gehörten nur Männer an. Seine Mitglieder schössen auf 100 m entfernte Scheiben. Sie benutzten ein 98er Gewehr und eine Büchse mit Stecher. Der Verein veranstaltete Wettbewerbe: das Königs-, das Bedingungs- und das Scheibenschießen. Den Proviant sowie ein Faß mit 50 Litern Bier schaffte man mit dem Pferdewagen zum Schießstand.
Der wohl in den 1890er Jahren gegründete Gesangverein löste sich während des 2. Weltkrieges auf. Ein um 1900 aufgenommenes Bild zeigt die Vereinsmitglieder mit ihrer Fahne. Im Clubzimmer der Gastwirtschaft hängt eine marmorne Gedenktafel für die im 1. Weltkrieg gefallenen Sänger. Die älteren Nettelreder bedauerten die Auflösung des Gesangvereins sehr. Der 1909 gegründete Sportverein war zunächst ein reiner Turnverein. Er kaufte mit Hilfe des Gastwirts und anderer Sponsoren gute Geräte. Die Mitglieder turnten im Winter im Gasthaussaal und im Sommer bei gutem Wetter unter der Linde. Die das Rückgrat des Vereins bildenden Turner zogen als Soldaten in den 1. Weltkrieg. Obwohl die Knaben und die Jugend weitertrainierten, ging der Turnbetrieb zurück, denn es fehlten die Ausbilder.
Das jetzt aufkommende Fußballspiel interessierte die jungen Leute mehr als das Turnen. Der Verein nannte sich nun Arminia. Weil es keinen Sportplatz gab, trainierten die Spieler auf Wiesen oder auf Schafweiden am Deister. Sie nahmen die Tore auf die Schultern und trugen sie zu ihrem jeweiligen Übungsgelände. 1934 stellte die Kirche ein bis dahin mit Gärten belegtes Gelände zur Verfügung. Hier entstand der Sportplatz, der noch heute seine Dienste tut. Zwischen der Kirche und der Stadt Bad Münder gibt es einen Mietvertrag. Am Rande des Platzes errichtete der Verein in Eigenleistung zunächst ein Sportheim, das 1968 seiner Bestimmung übergeben wurde. 1986 konnte er die Gymnastikhalle einweihen, die er, finanziell mit Sportfördermitteln der Stadt Bad Münder unterstützt, ebenfalls mit Hilfe seiner Mitglieder erstellte. Beide Gebäude stehen auch auf Kirchengrund. Die Stadt schloß mit der Eigentümerin Erbbauverträge ab. Heute lautet der Name des Vereins TSV Nettelrede. 1936 veranstalteten die Nettelreder ein Heimatfest mit militärischen Einlagen. Damit alles echt wirkte, besorgte man sich Uniformen in Hannover. 20 Mann fuhren mit der Bahn los und kehrten erst nachts um 1.00 Uhr mit dem Theaterzeug zurück. Friedrich Sprick war der Oberst, Heinrich Platte der Chef der Infanterie. Friedrich Meyer, im 1. Weltkrieg Artillerist, avancierte zum Batteriechef. Sein Freund Wulf, in Hannover ein wohlhabender Unternehmer, sorgte für einen Fliegereinsatz. Wie bei einem richtigen Manöver gab es zwei Parteien. Eine besetzte den Schießstand, die andere stürmte ihn unter Einsatz von Knallkörpern und Kanonenschlägen. Alle feierten das Ereignis gemeinsam im Festzelt. Am Montag brach man zu einer Grenzbeziehung auf. Die Senioren ruhten sich an der Ecke Eichenholz aus. Schließlich trafen sich alle am Strohkamp zur Abschlußfeier wieder.
1924*Anmerkung Rainer Heymann: Der Schützenverein Nettelrede wurde 1925 gegründet.